Sonnenhaus 4.0
Konzept für ein Haus in Holz/Lehm/Dämmplatten Verbundbauweise
Das Sonnenhaus ist ein kleines Wohnhaus mit Nebengelass für max. 4-6 Personen und ist auf einer Anhöhe in Potsdam Nord erdacht. Der Entwurf soll exemplarisch eine nachhaltige Bauweise in zeitgemäßes Architektursprache zeigen. Auch das Interieur bezieht sich auf derzeitige Trends. Die Anordnung der beiden Gebäudeteile erlaubt einen geschützten Außenbereich der fliessend in die Gartennutzung übergeht. Die Fensterfronten sind zur besseren Lichtausbeute sowie Schattenspende nach Osten bzw. Westen ausgerichtet. Die Fassade ist nach Süden mit einer Begrünung vor Sonne, Regen und Wind geschützt. Nach Norden geht die Fassade in die metallene Dachhaut über wovon aus diese das Gebäude zu allen Seiten rahmt und als monolitisch ganzes Körper wirken lässt.
Entwurf
Für den Entwurf hab ich einen realen Ort auf einer Anhöhe in der Nordstadt von Potsdam am Rande einer Siedlung gewählt. Eine ähnliche Bauform, die eines Langhauses, steht bereits auf diesem Grundstück und inspirierte mich zu diesem Entwurf. Der Garten grenzt an eine große Lichtung der scheinbar nahtlos in die Landschaft übergeht. Entsprechnd verlockend schien es den Garten eher zufällig gewachsen anzulegen. Wege sind Pfade. Fahrzeuge werden ohnehin auf der angrenzenden Straße geparkt. Die Gebäude fügen sich somit in die Landschaft. Die Ausrichtung der Baukörper zur Sonne ist ebenfalls athentisch. Die Anordnung der Räume und Ausrichtung der Terreasse resultiert aus dem Lichteinfall. Zudem lag es nahe die Sonneneinstrahlung auf Dachflächen zur Strom- und Wärmegewinnung zu nutzen.
Energetisches Konzept
Entsprechend zur optimalen Ausrichtung der PV Module erhält das Haupthaus eine Dachneigung von ca. 30 Grad. Die Dachfläche des Nebenhauses mit integrierten Sonnenkollektoren ist 60 grad geneigt. Die jeweils gewonnene Energie wird in entsprechenden Speichermedien wie einer Batterie als auch einem Warmewassertank gespeichert. Mit einem intelligenten Management lässt sich so der Eigenbedarf sowohl an Strom, als auch Wärme über das gesamte Jahr decken. In besonders kalten Perioden wird der Puffferspeicher mit einem Holzkamin der etwa 1 mal pro Woche angezündet werden müsste wieder aufgeheizt. Alternativ dazu kann der Pufferspeicher mit der integrierter Wärmepumpe aufgeladen werden. Gleichzeit dient die Wärmepumpe in den Sommermonaten dazu den Heizkreislauf im Fussboden sowie in der Zimmerdecke herunterzukühlen. Dank des Lehmptzes kann das kondensierende Wasser aus der Umgebungsluft aufgenommem und ohne Schimmelbildung später wieder abgegeben werden. Somit kann mit dem selben System geheizt und gekühlt werden. Die Kosten für den jeweils benötigten Strom gleichen sich mit den überschüssigen Einnahmen aus den Erträgen der Sommermonate aus.
Tragende Konstruktion
Die tragende Konstruktion steht auf einem gedämmtem Betonsockel und besteht aus einem vorgefertigtem Holz-Lehm-Verbundsystem. Die massiven Wandplatten sollen als Sandwichmodul vorgefertigt und in kurzen Bauzeiten zwischen die Holzständer eingebracht werden können. Das Tragwerk ist aus Massivholz bzw. nachhaltig gefügten Schichtholz. Betonfertigteile sind ebenso denkbar. Die Ständer sind in doppel-T-Form so ausgearbeitet, dass die Wandplatten zu beiden Seiten des Profils Halt finden. Um den Formschluss zwischen Wandplatte und Ständer zu vervollständigen werden Hohlräume mit Lehmmörtel verpresst. Zur Aussteifung gegen horizontale Kräfte ist das Ständerwerk in Längstrichtung des Gebäudes mit einer diagonalen Verstrebung die innerhalb des Dämmkern geführt wird abgesichert. Zusätzlich wird der Dachaufbau aus gedämmtem BFH-Panels als „ganze Scheibe“ zur Übertragung der Kräfte auf die an den beiden Ende des Gebäudes angeordneten Rahmenecken genutzt. Um die wasserlöslichen Lehm-Verbundplatten während es Aufbaus gegen die Witterung zu schützen sollte die Baustelle komplett eingerüstet werden oder temporär gegen Regen geschützt werden. Dabei könnte zugleich eine integrierte mobile Kranbahn den Bauablauf vereinfachen und Bauzeiten verkürzen. Um den Lembaustoff im Havariefall durch Wassereinwirkung zu schützen wird dieser erst ab eine Höhe 15 cm über Fussboden verbaut. Da die Wandplatten zur Aussteifung des Gebäudes nur bedingt herangezogen werden, können ggf. auch ersetzt werden.
Baustoff Lehm
Lehmbaustoffe gehören neben Holz und Stein zu den ältesten Baustoffen mit denen die Menschheit baut. Überall dort wo im Boden natürliche Ablagerungsstätten vorkommen wird seit Jahrtausenden mit Lehm gebaut. Doch durch den technischen Fortschritt seit den 50er Jahren ist der Baustoff für einige Jahrzehnte in den Hintergrund gerückt. Lediglich in den sozialistischen Ländern, einschließlich der DDR wurde mit Lehm gebaut. Hier war er gegenüber der BRD bis zur Wende 1989 als Baustoff genormt und zugelassen. Dank des zunehmenden Bewusstseins für Nachhaltiges Bauen erleben Lehmbaustoffe seit ca. 20 Jahren eine Renaissance. So wurden dann nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten Lehmbaustoffe durch mühsames Wirken verschiedener Akteure ab 2013 wieder in die DIN Normen aufgenommen. (Siehe auch DIN Normen für Lehmbaustoffe bei Dachverband Lehm e.V.)
Stampflehm
Mich beschäftigt der Baustoff Lehm seit meinem Architekturstudium Ende der 90er Jahre. Neben Lehmputzen die ästhetisch und äußerst atmungsaktiv sind reizt mich Stampflehm als Wandbaustoff. Seither dachte ich zimmermal wieder darüber nach wie Stampflehm einfacher und vor allem präziser verarbeiten kann. Denn bislang besteht die einzige Innovation ihn gegenüber der klassischen Methode von Hand oder Füßen festzutreten, mit Presslufthämmern festzustampfen. Dabei hat sich aber grundsätzlich in der Verarbeitung nichts geändert. Die einzige Rechtfertigung dafür ist die Ästhektik einer offenen Stampflehmwand. Doch soll das Baumaterial auf Grund seiner bauphysikalischen Eigenschaften, als Massenspeicher oder Füllmaterial zwischen Holzbalken wie einst beim Fachwerkhaus verwendet werden, sind andere Verarbeitungsmethoden sinnvoller.
Stampflehm der vorallem in ärmeren Ländern als natürlicher Baustoff aus dem Boden gewonnen und direkt vor Ort zu Wohn- oder Kummunalbauetn verarbeitet wird ist auch hierzulande ausreichgend vorhanden. Neben den zahlreichen postiven Eigenschaften ist seine unterschiedliche Zusammensetzung jedoch problematisch für eine präzise Verabeitung. Auch dass er durch eindringendes Wasser errodiert macht ihn nicht zum Massenbaustoff. Mit ihm zu bauen ist teuer und zeitaufwendig. Allerdings wird er wieder vermehrt eingestzt und erfreut sich zunehmender Beliebheit. Zum einen wird er gerne als monolitisches Element in großen Prestigebauten verarbeitet. So zum Beispiel in der KAPELLE DER VERSÖHNUNG in der Bernauer Straße in Berlin oder als Fassade auf dem Alnatura Campus im Südwesten von Darmstadt. Zum anderen wird Stampflehm auch wieder als tragende Wand für Wohnhäuser verwendet. Als „Pionier der Neuzeit“ sei hier vorallem Martin Rauch aus Österreich zu erwähnen. Er ist der wohl bekannteste auf dem Gebiet und hat u.a. die beiden zuvor erwähnten Projekte als geistiger Vater kreiert. Aber auch das Büro ZRS Ingenieure aus Berlin die als Fachplaner zur Seite stehen und im wahrsten Sinne Steien aus dem Weg räumen spielen eine absolut entscheidende Rolle bei den jüngsten Entwicklungen. Bei einem der Gründer Herrn Dr.-Ing. Christof Ziegert habe ich an der Bauhaus Weiterbildungsakademie in Weimar ein Lehmbauseminar besucht.
Innovativer Ansatz
Als ich in den Jahren 2014/15 in meiner vorherigen Rolle als Trocknungsanlagenbauer Versuche mit Zellulose machte kam mir schließlich die Idee den Stampflehm horizontal, statt vertikal zu verarbeiten. Ich konnte beobachten, wie der Zelluloseschlamm während des Trockners auf dem Trocknungsboden verklebte und durch die Mischerschnecke festgedrückt, fest gerieben wurde. Herauskam eine dünne Platte hochverdichteter Zellulose. Das Problem lösten wir nachher dadurch, dass unter dem Zelluloseschlamm zuvor ein dünne Schicht getrocknete Zelluloseflocken eingetragen wurden. Diese bildete eine Trennschicht die nicht verklebte und vermischte sich mit dem feuchten Material sodass dieses beim Trocknen nicht mehr verklebte.
Lehm-Dämm-Verbundsystem
Der Lösungsansatz bestand also darin den Stampflehm mit einer Maschine schichtweise horizontal zu verdichten. Der Gedanke lag nahe das Material direkt in Schalungen ähnlich wie bei Betonfertigteilen einzutragen. Darüberhinaus können Bewehrungsgewebe zur Aufnahme von Schubkräften zwischen jede Schicht gelegt werden. Auch das schichten verschiedene Baustoffe die untereinander verklebt werden war plötzlich denkbar. So ist Stampflehm zwar ein guter Massenspeicher und Schallabsorber, reguliert Feuchtigkeit und als Rohstoff reichlich vorhanden. Doch so gut wie er Wärme aufnimmt und speichert, leitet er sie auch unerfreulicherweisse an der Außenseite von Gebäuden an die Umwelt wieder ab. So bedarf es einer Wärmedämmung die bei der Herstellung des „Schichtstoffes“ direkt als untere Lage eingearbeitet werden kann.
Die Wandplatten werden im liegen schichtweise maschinell gefertigt. Beginnend unten mit der Wandaußenseite aus einer natürlichen Faserdämmplatte. Danach werden mehrere Lagen mittelschwerer Stampflehm schichtweise mit Lehmmörtel verklebt eingebracht. Abschließend kommt für die Innenseite der Wand eine dünne Lage feiner Lehmputz. Zwischen den Schichten wird jeweils eine Gewebelage eingebracht. So sind die platten gegen Reißen durch Schrumpfen oder bei Einwirkung von Schubkräften geschützt. Die frisch produzierte feuchte Wandtafel wird anschließend unter Zwang in der perforierten Schalung behutsam getrocknet. Das Wandpanel wird vor dem Transport in der wiederverwenbaren Schalung aufgerichtet und herausgelöst. Hierzu wurde auf der Unterseite der Wandplatte eine Holzschwelle eingearbeitet die über zwei Stahlseile mit einem Krangehänge verbunden werden kann.
Weitere Beiträge dazu finden Sie hier auf meiner Webpage: